[Freitag, 29. Dezember 2006]

Und Joanna malt mit ihren Lauten...

Heinrich Heine hätte sicher seine Schwierigkeiten: Ein Mädchen verkleidet sich als Dornröschen und wartet auf den Märchenprinzen.
Genauer gesagt spielt Joanna Newsom - das moderne Dornröschen - Harfe und das in einem Gewand wie es romantischer nicht sein könnte. Sie zupft so herzzereißend, so bunt, Joanna malt mit ihren Lauten. Es sind Laute, wie sie Heine mit samt ihren Anverwandten, den Prinzen, Elfen, Feen und Kobolden in Kunst und Literatur verfluchte. Darüber schrieb er gar ein ganzes Buch: "Die romantische Schule". Wo heute Heine die Jugend mit dem europäischen Sternenbanner schwenkend kämpfen sehen wollte, erblickte er im Jahr 2007 nichts als orientierungslose Teens auf der Suche nach neuen Ufern, die entpolitisiert von jeder Ideologie angeödet und erbarmungslos hedonistisch nach Rockabilly, Punk, New Wave und dem immer gleich dröhneden Indie-Bands nichts als ein wenig Liebe suchen. Sie wollen Geborgenheit und das ohne Ideologie. Vielleicht ist Joanna Newsom der Anfang auf dem Weg zu dieser Liebe ohne Religion: ein neuer Folk, eine neue Romantik in einem neuen Jahrtausend. Vielleicht würde das Heine doch gefallen. (sb)

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