[Dienstag, 13. Dezember 2005]

Wofür Akademiker? Wofür Studenten?

Nur gemeinsam können wir die Bildungs-Regatta gewinnen

Ein Beitrag in Anlehnung an eine Nachricht aus der Süddeutschen Zeitung vom 1.12.2005 von Tanjev Schultz zum Thema Protest gegen Studiengebühren:

(sb) Geht es um die Einführung von Studiengebühren, ist es wieder überall zu lesen. „Bisher hätten Geringverdiener das kostenfreie Studium mitfinanzieren müssen“, zitiert Tanjev Schultz den saarländischen Wissenschaftsminister, Jürgen Schreier (CDU). Für konservative und liberale Studiengebühren-Begeisterte Landespolitiker ist es immer wieder das Totschlagargument, um Studiengebühren zu rechtfertigen: Die Gebühren seien nur allzu gerecht, da durch rein steuerfinanzierte Hochschuletats der arme Arbeiter für die gut betuchten Akademikerkinder das Studium finanziert. Doch Vorsicht, wer so argumentiert handelt grob fahrlässig. Zum einen entspricht diese Behauptung nicht den Tatsachen. Zum anderen heizt es gefährliche Neiddebatten an und fördert die Spaltung unseres Gemeinwesens.

Wer über Gerechtigkeit zwischen Arbeitern und Akademikern, gut und schlechter verdienenden Bürgern, bei der Hochschulfinanzierung redet wie es oben zitierte Politiker tun, verkennt die Realität völlig. Die gerechteste Aufkommensart, die unser Staat zu bieten hat ist zweifelsohne die Steuer, bei der jeder nach seiner Leistungsfähigkeit seinen Teil zu diesem Gemeinwesen beiträgt. Niemand kann behaupten, dass unsere Einkommenssteuer mit einem progressiven Tarif per se ungerecht sei. Wenn eine Hochschulfinanzierung unter Gerechtigkeitsaspekten diskutiert wird, ist die Mittelbeschaffung über Wege der Steuerfinanzierung das undiskutabel gerechteste Modell. Jeder zahlt nach seiner Leistungsfähigkeit und trägt so wie er kann zum Erfolg dieses Gemeinwesens bei. Jeder einzelne trägt dazu bei, dass möglichst viele Menschen eine möglichst gute Ausbildung genießen können. So steht es auch jedem Bürger offen, die Leistung, die er indirekt über seine Steuern bezahlt, in Anspruch zu nehmen. Jedem Bürger dieses Landes steht eine Immatrikulation an einer Universität offen. Ganz gleich ob aus einem Arbeiter- oder Akademikermilieu. Hinzu kommt, dass durch die steuerliche Lastenverteilung Akademiker durch höhere Einkommen und damit eine höhere Steuerlast ohnehin in der Lage sind, ihre Hochschulausbildung selber zu finanzieren. Und nicht nur das. Umgekehrt ließe sich fragen: Was finanziert denn der Akademiker mit seinen höheren Steuern für den Arbeiter? Hingegen ist eine Diskussion auf dieser Ebene grober Unfug. Wir müssen uns als Gemeinwesen verstehen, in dem jeder, ob arm oder reich, für den anderen einsteht. Wir müssen gemeinsam an einer erfolgreichen Zukunft arbeiten.

Wie es derzeit viele konservative und liberale Landespolitiker tun, ist es fatal, einen Keil zwischen Akademiker und Arbeiter zu treiben. Jetzt eine Neiddebatte mit dieser „die-da-oben-Mentalität“ zu führen, ist geradezu gefährlich. Denn alle sind wir uns doch darüber im klaren, wie wichtig eine bestmögliche Qualifizierung möglichst vieler Menschen in diesem Land ist. Zu Unrecht trägt das Wort Humankapital den Titel Unwort des Jahres. Humankapital ist das, was wir alle brauchen, wenn geschwätzige Politiker von Wachstum und Innovation reden. Von guten Universitäten und noch besseren Absolventen profitiert am Ende eben nicht nur der junge Ingenieur oder Ökonom, sondern auch und in besonderem Maße die viel zitierte Krankenschwester. Auch der Arbeiter hat ein höchstes Interesse an einer großen Zahl bestqualifizierter Akademiker. Denn wir sitzen alle in einem Boot: Nur gemeinsam lässt sich die Bildungs-Regatta erfolgreich zu Ende segeln.

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Jane Eyre.



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The Grapes of Wrath


William Shakespeare
Hamlet.


Michel Houellebecq, Uli Wittmann
Elementarteilchen.


Heinrich Böll
Ansichten eines Clowns.


Heinrich Böll
Gruppenbild mit Dame.



Franz Kafka
Der Prozess



Hermann Hesse
Der Steppenwolf.


Albert Camus
Der glückliche Tod.


Nicholas Gr. Mankiw
Makroökonomik


Juergen B. Donges, Andreas Freytag
Allgemeine Wirtschaftspolitik


Josef Bleymüller, Günther Gehlert, Herbert Gülicher
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